Publisher's Synopsis
Was ist Tatsache und was ist erfunden? Diese Frage stellt sich fur alle Textsorten von der Antike bis heute. Die verschiedenen Auffassungen uber das Verhaltnis von Fakten und Fiktionen haben in der Forschung zahlreiche und langanhaltende Kontroversen ausgelost. In diesem Tagungsband stellen Vertreter unterschiedlicher Facher ihre interdisziplinar anschlussfahigen Konzepte zur Fiktionalitatsproblematik vor. Der Band leistet damit einen Beitrag zu facherubergreifenden Erkenntnissen uber die Funktionen von Texten in ihren jeweiligen gesellschaftlichen Bereichen. Als Ausgangspunkt dient den Autoren der Befund, dass Leser in der Zeit vor der Entstehung eines unabhangigen Literatursystems im 18. Jahrhundert Erfundenes, also Fiktionen, in Texten noch nicht durchgangig als solche wahrgenommen haben. Die Grenzen des literarischen Sprechens waren anders als heute gegenuber weiteren Typen fingierender Rede noch nicht klar umrissen und das Verhaltnis zwischen Wahrheitsanspruch und Fiktionalitatsbewusstsein war ein abgestuftes. Fur den heutigen Historiker bedeutet dies, vormoderne Geschichtsschreibung als Konstruktion zu begreifen, die von soziokulturellen Gegebenheiten beeinflusst wurde und aufgrund ihrer narrativen Struktur auch als "Erzahlung" aufzufassen ist. Zudem ermoglicht ihm die Reflexion uber das historische Verhaltnis von Fakten und Fiktionen, auch literarische Texte fur sich nutzbar machen zu konnen.