Publisher's Synopsis
Da Jugendliche und heranwachsende Straftater sich durch vielfaltige entwicklungspsychologische Besonderheiten auszeichnen, bedurfen sie bei der strafrechtlichen Zuweisung der besonderen Aufmerksamkeit der erkennenden Gerichte. Um den interindividuellen Variationen des adoleszenten Entwicklungsprozesses Rechnung zu tragen, verankerte der Gesetzgeber im 105 JGG die Moglichkeit der Gleichstellung von heranwachsenden Straftatern zwischen 18 Jahren und 21 Jahren mit jugendlichen Straftatern unter 18 Jahren. Die Beurteilung von Heranwachsenden gemass 105 JGG gehort zu den schwierigsten Herausforderungen fur den im Bereich des Jugendrechts tatigen forensischen Sachverstandigen. Seit dem Inkrafttreten des 105 JGG im Jahre 1953 ist die Liste der Schwierigkeiten und Probleme lang. Kritiker des 105 JGG sehen einerseits eine Losung seiner Probleme in der generellen Anwendung des Jugendstrafrechts auf Heranwachsende, wobei sogar die Einbeziehung von Tatern bis 26 Jahren in das Jugendstrafrecht bedenkenswert sei. Andererseits werden immer wieder Stimmen laut, die eine generelle Anwendung des Erwachsenenstrafrechts auf Heranwachsende fordern. Unabhangig von Altersgrenzen sind die Folgen einer fehlerhaften Beurteilung gravierend. Es besteht somit die Notwendigkeit der Implementierung methodischer Standards fur den Gutachtenprozess und die Entwicklung qualitativer Beurteilungskriterien. Der in dieser Arbeit vorgestellte diagnostische Prozess zur Begutachtung heranwachsender Straftater gemass 105 JGG macht deutlich, dass eine regelgeleitete Begutachtung, die sowohl bezuglich der verwendeten Informationen als auch des diagnostischen Vorgehens nachvollziehbar und transparent ist, durchaus moglich ist. Grundlage hierfur bilden die Ergebnisse einer bundesweiten Expertenbefragung (Bonner Delphi-Studie) und einer sich daran anschliessenden Validierungsstudie.