Publisher's Synopsis
Nach wie vor herrscht die Meinung, dass Plotin sich ganz und gar dem inneren Aufstieg zum jenseitigen Gott verschriebe, was allein eine Ethik der Flucht erlaubte, in der die Sorge um diese Welt und die Mitmenschen kaum Platz hätte. Das vorliegende Buch zeigt jedoch, dass Plotins Ethik sich nicht in einer selbstbezogenen Ethik des Aufstiegs erschöpft, sondern darÃ"ber hinaus eine Perspektive der Ethik des Abstiegs eröffnet, welche die providentielle Sorge um die anderen zur Geltung bringt. Dabei erweist sich Plotins Teleologie fÃ"r die systematische Erschließung seiner Ethik als fruchtbar, sofern sie eine Ã"bergreifende Sicht bietet, welche die Kluft zwischen Weltabgewandtheit und -zugewandtheit zu Ã"berbrÃ"cken ermöglicht. Zu verwirklichen hat die Seele nämlich nicht nur das Vermögen zum jenseitigen GlÃ"ck, sondern auch das Vermögen zur diesseitigen Vorsehung. Zur Selbstverwirklichung soll sie also sowohl fÃ"r sich selbst als auch fÃ"r die anderen Sorge tragen. Unter diesem Aspekt lässt sich die Sorge um die anderen in die Selbstsorge im umfassenden Sinne integrieren, die vom geläufigen Egoismus zu unterscheiden ist. Die fÃ"rsorgliche Natur der Seele ist in eine wohlwollende und gerechte Ordnung der Gesamtnatur eingebettet, welche die Basis fÃ"r die Rechtfertigung der menschlichen Moral und des Rechts bildet. Plotins Ethik des Abstiegs ist in der bisherigen Forschung wenig beachtet worden; ohne deren BerÃ"cksichtigung bliebe allerdings ein ausgewogenes Bild der plotinischen Ethik aus.