Publisher's Synopsis
Der 1945 in Basel geborene, heute in Katalonien lebende Maler Jean Pfaff gehort zu den bedeutendsten Vertretern der ungegenstandlichen Malerei in der Schweiz. Im Verlaufe seines Schaffens setzt er sich immer neu mit den wechselnden Wirkungen von Farbe, Farbauftrag und Farbtrager auseinander. In seinem Fruhwerk ging er von farbtheoretischen Uberlegungen aus, die er in komplexe, dem Konstruktivismus verpflichtete Bilder umsetzte. Mit der Zeit wurde die Farbe wichtiger als die Komposition, und gleichzeitig reduzierte sich die Buntheit der Bilder. Diese schrittweise Entwicklung fuhrte schliesslich zu einer reinen, die gesamte Bildflache erfassenden Monochromie. Die erste monochrome Schaffensphase, die Ende der achtziger Jahre einsetzt, ist bestimmt von der Beschaftigung mit raumlichen Wirkungen des Farbauftrages. Wahrend zum einen die Illusion wolkig tiefer Raume erzeugt wird, ist zum andern die reine Materialitat der Farbe betont. Damit werden in wechselnder Gewichtung die im englischen Sprachgebrauch getrennten Aspekte der Farbe, 'colour' resp. 'paint', hervorgehoben. Die zwischen 1989 und 1993 geschaffenen monochromen Malereien gehoren zu den radikalsten Werken in Jean Pfaffs Schaffen: Auf handgeschopfte Papiere legt er eine glanzende Schicht von Industriefarbe. Neben der ungemeinen Materialprasenz der Farbe fallt das starke Korn des Buttenpapiers auf, durch die Betonung der Oberflache konnen Farbe und Papier dinghaft wahrgenommen werden. Nach diesem 'Nullpunkt' musste zwingend eine Neuorientierung folgen. War Pfaffs Schaffen bisher von kompositionellen Entscheidungen, einem willentlichen Akt des Farbauftrags gepragt, schliesst er fortan den Zufall ein und lasst zugleich auch die Polychromie wieder zu. In seinen Bildern von 1995 bis 1999 spritzt er die Farbe mit lockerem Pinsel auf die Leinwand; die Farbspuren verdichten sich zu teppichartigen Gespinsten. Innerhalb eines bestimmten Grundtones treten unterschiedliche Farben auf. Das Prinzip der Polychromie in der Monochromie bleibt auch in den folgenden Jahren bestimmend, etwa im beruckend schonen Ogura-Zyklus von 1995. Dabei handelt es sich um Steindruck-Unikate, fur die der Kunstler bis zu neun Farbschichten auf Japan-Papiere gedruckt hat, um eine ungemein leichte, schwebende Farbigkeit zu erzeugen. Die zu Blocken verbundenen Blatter evozieren wie selten zuvor landschaftliche Impressionen. Suchte Pfaff schon seit langer Zeit einen 'automatischen' Farbauftrag, um den Zwang des Agierens durch die Freiheit des Reagierens zu ersetzen, kehrt er in seinen neuesten Werken den Malprozess sogar um: Er tragt nicht mehr Farbe auf, sondern nimmt sie weg. Nachdem die Farbe auf der glatten Schicht des Holzes zufallig und reichlich verteilt ist, entfernt er mit Pergaminpapier den Auftrag so lange, bis die Oberflache ihre optimale Wirkung erreicht hat. Die prozesshafte Differenzierung der Farbtone hat in den letzten Jahren zu einer zunehmenden Vergrauung der Palette gefuhrt, die den Ausstellungstitel Farbe zulassen? motiviert hat. Nach seiner zweiten Indienreise ist diese Entwicklung jedoch gestoppt, ja umgekehrt worden. Jean Pfaffs Kerala-Bilder (2003) zeigen erneut eine offene, strahlende Farbigkeit.