Publisher's Synopsis
Die Naehe alter und neuzeitlicher Poesie scheint vor allem dann auf, wenn existentielle Erfahrungen besungen werden, deren heftigste die Liebe ist. Das Hohelied der Bibel ist insofern eines der herrlichsten Dokumente altorientalischer Liebeslyrik, als es die Schoenheit und Sehnsucht zweier junger Menschen thematisiert - ohne Mythisierung des Sexuellen, ohne Diffamierung des Leiblichen, ohne Herabsetzung der Frau. Das macht es aktuell bis heute und fordert die west-oestliche Begegnung gleichsam heraus. Seine poetische Faszination bezieht es aus der mehrdeutigen Metaphorik und archaischen Topologie, seine Klanggestalt aus seinem hymnischen Puls. Kultur(en) erschliessend ist es insofern, als es einen Schmelztiegel babylonisch-assyrischer, hethitischer, kanaanaeisch-ugritischer, altaegyptischer Kulturen darstellt. Auch die Beschreibungslieder, welche die Schoenheit des/der Geliebten besingen, sind grenzueberschreitend, denn ihre Sprache bedient sich unterschiedlicher Bildtraditionen. Die Referate der Theologen, Ethnologen, Literatur- und Musikwissenschaftler, Musikpaedagogen, Musiker, Dichter, Bildenden Kuenstler und Photographen schaerfen den Blick fuer die Grenzen unseres kulturellen Gedaechtnisses. Zugleich helfen sie, aesthetisch-sinnlich verschuettete Erinnerungsraeume auszuleuchten. Die formale und thematische Differenz dieser grenz-, kultur- und kunstueberschreitenden Hohelied-Deutungen ist beabsichtigt, sie allein ermoeglicht es, eine neue Art kreativ-wissenschaftliche Rezeptionsgeschichte zu schreiben. Wiedergegeben werden Bilderfindungen von Georg Baselitz, Juergen Czaschka, Anke Dziewulski, Rune Mields, Thomas Schmid, Uta Schneider und Ulrike Stoltz. Die Begleit-CD beinhaltet Mitschnitte der Hochschulkonzerte (Urauffuehrungen von Dimitri Terzakis und Gerhard Mueller-Hornbach, Erstauffuehrungen von Felicitas Kukuck und Arthur Honegger) und das Podiumsgespraech mit Robert Gernhardt ( ), eines der letzten Tondokumente dieses grossen deutschen Dichters der Gegenwart.